Über den Ursprung der waffenlosen Kunst des Kampfes weiss man wenig zuverlässige Informationen. Man nimmt aber an, dass noch vor der Einführung des Buddhismus verschiedene solche Kampfsysteme existiert haben und dass ein Zusammenhang zwischen diesen Systemen und den taoistischen Atemübungen, den Qi Gong besteht. Eine zentrale Bedeutung wird der Einführ-
ung des Chan-Buddhismus (jap.: Zen) durch den indischen Mönch Bodhidharma in China um 527 n. Chr. zugemessen.
Die Nachfolger Bodhidharmas im Shaolin-Kloster bauten die ursprünglich achtzehn Übungen aus und entwickelten sie weiter, wobei sie das charakteristische Angriffs- und Verteidigungsverhalten bestimmter Tiere (Affe, Kranich, Bär etc.) studierten und als Grundlage für unterschiedliche Kampfstile verwendeten. Während der Tang-Dynastie (618 - 906 n. Chr.) erlebte das Shaolin-Kloster seine Blütezeit. Es beherbergte an die 1500 Mönche, von denen mindestens 500 zu den legendenumwobenen Meistern der Kampfkünste zählen. In seiner wechselvollen Geschichte zählte das Kloster zu den politischen und religiösen Machtzentren des chinesischen Reiches, und seine kampferprobten Mönche wurden ebenso bewundert, wie gefürchtet. Erst 1928 beendeten krieg- erische Auseinandersetzungen, bei denen die Tempelgebäude bis auf die Grundmauern niederbrannten,die lange Tradition der Shaolin endgültig. 1983 wurde der Tempel rekonstruiert und dient seither als Touristenattraktion.
Die chinesischen Stile werden in eine nördliche und eine südliche Schule unterteilt. In der nördlichen Schule dominieren ho-
he Stellungen, schnelle Stoss- und Schlagtechniken, hohe Fusstritte, Sprünge und flüssige Bewegungen. Charakteristisch für die südliche Lehre sind dagegen Fausttechniken und solide, tiefe Stellungen. Eine weitere Einteilung der chinesischen Stile unter-scheidet zwischen externen (äusseren)Schulen und internen (inneren) Schulen. Externe Schulen betonen die körperliche Stärke und trainieren deshalb vorallem die Muskulatur. Diese Schulen führen ihren Ursprung auf die Shaolin zurück und stehen damit
in einer buddhistischen Tradition. Die inneren Schulen betonen die Weichheit und Geschmeidigkeit. Ihre Techniken zeichnen sich durch ausweichende und defensive Bewegungen aus. Die Atmung hat eine zentrale Bedeutung. Durch sie werden die inneren Organe gestärkt, wodurch die innere Energie (jap.: Ki) ausgebildet wird. Die inneren Schulen stehen mit diesen Ide-
en in der taoistischen Tradition.
In Okinawa steht das Shuri-Te unter Einfluss der nördlichen Schule, während das Naha-Te der südlichen Schule folgt. Auch zur näheren Charakterisierung der Kampfkunstschüler bediente man sich in Okinawa und später auch in Japan der chinesischen Bezeichnung. So wurde jener Schüler als ein äusserer Schüler (jap.: Soto-Deshi) bezeichnet, der als offizieller Nachfolger den Platz seines Meisters übernahm und vor allem die technischen und organisatorischen Aspekte eines bestimmten Stils nach
aussen vertrat. Ein innerer Schüler (jap.:Uchi-Deshi) bewahrte zwar die philosophischen und religiösen Aspekte seines
Stils, blieb aber gegen aussen stets imHintergrund.