Der Begründer des Goju-Ryu, Chojun Miyagi (1888-1953), entstammte einer wohlhabenden adeligen Familie und wurde im Alter von 11 Jahren zum Kampfkunstunterricht zu Aragaki Ryuko gebracht, um ihn für seine spätere Rolle als Familienoberhaupt zu erziehen. Mit 14 Jahren reichte dieser ihn als Schüler an Kanryo Higaonna weiter. Neben dem Unterricht dort lernte er auch Weißer-Kranich-Gongfu bei Wu Xianhui, u.a. gemeinsam mit Kenwa Mabuni, dem Begründer des Shito-Ryu.
Nach dem Tod Kanryo Higaonnas ging er genau wie sein Lehrer nach Fuzhou und trainierte dort mehrere Monate unter anderem im Julianshan Fujian Shaolin Kloster. Nach seiner Rückkehr nach Okinawa erlangt er zunehmend Berühmtheit, es folgten Einladungen nach Japan, ein längerer Aufenthalt auf Hawai, Gastunterricht an Universitäten und öffentliche Demonstrationen u.a. bei den Krönungsfeierlichkeiten von Kaiser Hirohito.
Als Chojun Miyagi immer häufiger nach einem Namen für seine Kunst gefragt wurde, ließ er sich bei der Namensfindung durch einen Satz aus dem Bubishi, einer alten Schrift über die Quellen unseres Stils, inspirieren: "Alles im Universum atmet hart und weich."
Goju-Ryu (Hart-Weich-Stil) wurde dann im Jahre 1933 als erste Karatestilart beim altehrwürdigen Dai Nippon Butokukai registriert . Um hier mehr Anerkennung zu erlangen wurde im Oktober 1935 der bis dahin benutzte okinawanische Terminus "Toudijutsu" durch das japanische Wort "Karate-Do" (Weg der leeren Hand) ersetzt.
Durch die Entwicklung des Unterrichts vom Einzelunterricht für einen kleinen sorgfältig ausgewählten SchülerInnenkreis hin zu dem Massenunterricht z.B. an Universitäten veränderten sich auch Unterichtsstil und -inhalte. Aus dem Judo wurden die Anzüge und das Gurtsystem übernommen, dies sicher auch aus didaktischen und pädagogischen Erwägungen heraus. Die SchülerInnen lernten nicht mehr nur wenige nach ihren Talenten ausgesuchte Kata (=Formen) sondern nacheinander alle im Stil standardisierten; Chojun Miyagi entwickelte zwei Kata speziell für AnfängerInnen, Gekisai Dai Ichi und Gekisai Dai Ni, ein standardisiertes Aufwärmsystem, sowie eine eigene Version der Kata Sanchin, die Kata der 'kreisenden Handflächen' Tensho.
Während des zweiten Weltkriegs kam der Karateunterricht weitgehend zum Erliegen. Chojun Miyagis wichtigster Schüler Jin'an Shinzato, starb im Krieg. Nach dem Krieg wurden An'ichi Miyagi *1931 (Photo rechts) als Uchi Deshi und Eiichi Miyazato seine wichtigsten Schüler. Im Jahre 1953 starb Chojun Miyagi und An'ichi Miyagi führte sein Gartendojo weiter.
Sein wichtigster Schüler in Japan, wo Chojun Miyagi sich allerdings nur relativ kurze Zeit aufgehalten hatte, war Gogen Yamaguchi (1909-1989). Er fügte dem japanischen Zweig des Stils Elemente aus dem Shinto (animistische Nationalreligion in Japan) und Yoga hinzu und gründete die weltweite Organisation Gojukai. Einer seiner ehemaligen Schüler, der sich zu Lebzeiten von ihm trennte und das in Deutschland relativ weit verbreitete Yuishinkan Goju-Ryu gründete, war Tomoharu Kisaki (1920-1996).